De/Coding Motion

Axel Malik in der ThULB

Wer sich häufig in Foyer und Lesesaal der ThULB bewegt, hat die rätselhaften Zeichen, die nach und nach Glasflächen der ThULB einnehmen, schon bemerkt: Die ersten tauchten Anfang April an den Türen des Haupteingangs und den Fenstern des Vortragsraums auf. Von hier aus breiteten sie sich im Foyer und in den verschiedenen Ebenen des Lesesaals aus. Doch was bedeuten die Zeichen und wieso erscheinen sie in den Räumen der ThULB?

DE/CODING MOTION.

Dimensionen des Kunstprojekts

Die Zeichen entstanden im Rahmen des Projekts De/Coding Motion und sind Werke des Künstlers Axel Malik. Sie sind das Ergebnis seiner skripturalen Methode, einem künstlerischen Prozess, der das Schreiben von Schreib-Bewegungen und nicht das Zeichnen zum Ausgangspunkt nimmt. Seit 1989 praktiziert Axel Malik das tägliche Schreiben immer neuer Varianten der Zeichen. Das Geschriebene entspricht dabei keinem gängigen Alphabet, ist weder Piktogramm noch Hieroglyphe, sondern besteht in unlesbaren Zeichen ohne semantischen Inhalt. Ihre Bedeutung liegt in ihrer Ästhetik, ihrem Subtext und im Prozess ihres Entstehens. Der Projekttitel bezieht sich auf diese Qualitäten der unlesbaren Zeichen. Er verweist auf den Irritationsmoment, der entsteht, wenn man zum ersten Mal mit den unlesbaren Zeichen konfrontiert ist. Obwohl man sie recht schnell als Schriftzeichen erkennt, scheitert der Decodierungsprozess, denn es gibt keinen codierten Inhalt.
Das Projekt ist als Auseinandersetzung des Künstlers Axel Malik mit der ThULB als Ort und Institution des niedergeschriebenen Wissens angelegt. De/Coding Motion umfasst drei Projektteile, die jeweils eine Dimension der künstlerischen Beschäftigung mit der Bibliothek repräsentieren.

SCHREIBPERFORMANCE.

Bewegtheit und Rhythmus

Als Auftakt zum Projekt fand am 01.04.2023 eine Schreibperformance in der ThULB statt. Dort „beschrieb“ Axel Malik vor Publikum die Fenster des Vortragsraums. Hier stand der Prozess des Schreibens im Vordergrund. Klanglich begleitet und interpretiert wurde der Schreibprozess von Mike Rucinski. Das Zusammenspiel von Schreibbewegung und klanglicher Akzentuierung betonte das rhythmische, fast tänzerische Element des Schreibens und eröffnete dem anwesenden Publikum einen sinnlichen Zugang zu den entstandenen temporären Kunstwerken.

STIFTUNGSPRIVILEG.

Geschriebene Identität

Ein weiterer Projektteil bestand in der Auseinandersetzung des Künstlers mit der Geschichte und der Identität der ThULB. Bei seiner Recherche zur Geschichte der ThULB und der FSU Jena stieß er auf das Stiftungsprivileg der Universität Jena, das die Hohe Schule Jena zur Volluniversität des Reiches erhob, die daraufhin 1558 eröffnet wurde. Axel Malik übersetzte die Urkunde in seine unlesbaren Zeichen, ohne den ursprünglichen Inhalt dabei zu codieren und schuf so ein Werk, das dem historischen Dokument dialogisch gegenübersteht und es zum Reflexionspunkt ästhetischer Fragen von Schrift erhebt.

LESESAAL.

Ein Ort der Schriftlichkeit

Der letzte Teil des Kunstprojekts nimmt den Lesesaal des Hauptgebäudes als Herzstück der Bibliothek in den Blick. Großformatige Folienplots der unlesbaren Zeichen an besonders exponierten oder kommunikativen Stellen der Architektur des Lesesaals interagieren mit der Funktion des Raums als Ort des Wissens und des akademischen Arbeitens und laden die Nutzenden zum Innehalten und Nachdenken über Schriftlichkeit abseits semantischer Inhalte ein.

KOOPERATION.

Jenaer Kunstverein und ThULB

Das Kunstprojekt mit Axel Malik an der ThULB entstand durch eine Kooperation mit dem Jenaer Kunstverein. Die Initiative hierzu ging von Robert Sorg und Constantin Becker vom Jenaer Kunstverein aus, die eine Performance in den Räumlichkeiten der ThULB als Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung „Linie-Zeichen-Sinn“ (19. März 2023 bis 29. April 2023) vorschlugen. Hieraus entstand der Wunsch nach einer weiteren Zusammenarbeit mit Axel Malik und schließlich das Projekt De/Coding Motion.